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"Ich schäme mich für die Festnahme von Rafto-Vertretern"

Frau Thérèse Jebsen ist am letzten Diensttag den 13. Feb. nach Sàigòn gekommen, um den Höchstehrwürdigen Quảng Độ in seiner Pargode Thanh Minh Thiền Viện zu besuchen und ihm den Rafto-Preis 2006 zu überreichen.
Frau Thérèse Jebsen ist am letzten Diensttag den 13. Feb. nach Sàigòn gekommen, um den Höchstehrwürdigen Quảng Độ in seiner Pargode Thanh Minh Thiền Viện zu besuchen und ihm den Rafto-Preis 2006 zu überreichen. Die Preisverleihung war am 04.11.2006 in Norwegen geplant, die vietnamesische Regierung hatte dennoch dem Höchstehrwürdigen die Ausreise verweigert. Herr Arne Linngård, Vorsitzender der Rafto-Stiftung hatte darauf hin das Visum für Vietnam beantragt, um den Höchstehrwürdigen Thích Quảng Độ in Sàigòn anfangs März zu besuchen, zugleich wollte er auch mit den Regierungsvertretern über Menschenrechte und Demokratie, die Ministerpräsident Nguyễn Tấn Dũng bei seiner Amtseinführung versichert hat, zu sprechen. Hanoi hat jedoch seinen Besuch abgelehnt. Letzte Woche hat das Außenministerium von Norwegen bei einem Treffen mit vietnamesischen Regierungsvertretern sich um ein Visum für Herrn Arne Linngård bemüht. Jedoch ohne Erfolg!

Im Prinzip benötigen norwegische Bürger für Besuchreisen nach Vietnam kein Visum. Dennoch hatte Herr Arne Linngård als Höfflichkeitsgeste das Visum beantragt. Da sein Visum abgelehnt wurde, hatte Rafto-Stiftung beschlossen, Frau Thérèse Jebsen mit dem Besuch zu beauftragen. Sie konnte den Zoll zwar ohne Schwierigkeiten passieren. Doch dann scheiterte der Besuch an der Polizeimauer in der Pagode Thanh Minh Thiền Viện.

Übers Telefon konnten wir den Höchsterwürdigen Thích Quảng Độ über dieses Ereignis interviewen. Im Folgenden das Interview mit dem Höchstehrwürdigen von heute morgen:

Ỷ Lan: Ich grüße Sie, Höchstehrwürdigen Thích Quảng Độ. Ich habe gehört, dass Frau Thérèse Jebsen von der Rafto-Stiftung Sie besuchen wollte, sie wurde jedoch von der Polizei in der Pagode heute früh Donnerstag 15. Feb. festgenommen. Bitte erzählen Sie, was da vorgefallen ist?

Höchstehrwürdiger Thích Quảng Độ: Ich hatte gestern die Nachricht bekommen, dass Frau Thérèse Jebsen mich besuchen wollte. Sie ist schon vorgestern abends in Sàigòn angekommen. Wir hatten uns für 9 Uhr heute in der Pagode Thanh Minh Thiền Viện verabredet. Heute um 9 Uhr kam sie mit einem weiteren Kollegen und einer Frau zusammen. Ich saß im Gästezimmer und wartete auf sie mit einem Blumenstrauß in der Hand. Als sie dann erschien und auf mich zu ging, wollte ich ihr den Strauß reichen. Nur 5 Meter vor mir schritt eine Gruppe von Polizei ein. Nur ein Polizist war uniformiert, die anderen 4 trugen Zivilkleidungen. Sie griffen zu und forderten Frau Jebsen auf, ihnen zu folgen.

Ich versuchte zu erklären, oder genauer gesagt, ich flehte die Polizei an, Frau Jebsen in Ruhe zulassen, weil sie Ausländerin ist, und mich ja nur besuchen will. Ich sagte zu den Polizisten: "Bitte zeigen Sie den Fremden unsere Gastfreundlichkeit. Ich will sie nur für 30 Minuten empfangen, anschließend können Sie mit ihnen gehen, wohin Sie wollen". Die Polizisten lehnten jedoch meine Bitte ab und wollten die Besucher sofort abführen. Frau Jebsen war dermaßen überrascht. Sie stand ziemlich verlegend und sprachlos dar. Ich versuchte sie zu beruhigen, indem ich zu ihr sagte "Machen Sie sich bitte keine Sorgen. Ich denke, die wollen vielleicht nur etwas überprüfen, es ist bestimmt nicht was Ernsthaftes". Ich habe die Polizei um Erlaubnis gebeten, mit Frau Jebsen 30 Minuten sprechen zu dürfen. Dann würde Frau Jebsen mitkommen. Die Polizisten lehnten meine Bitte erneut ab und führten die Besucher ab.

Ich fragte sie darauf hin, wo sie die Frau Jebsen hin bringen wollten, antwortete der eine Polizist: "Nur hier in die Gemeinde". Ich wollte noch wissen für wie lange, da gaben sie an: "15 Minuten". Ich gab diese Informationen Frau Jebsen weiter. Innerlich hatte ich aber selber nicht dran geglaubt. Die Kommunisten haben noch nie ihr Wort gehalten. Damit habe ich genug Erfahrungen gemacht. Deshalb behielt ich meine Bedenken ganz für mich allein, um Frau Jabsen einfach keine Sorgen zu machen.

Jetzt sitze ich jetzt immer noch da und warte. Ich habe jedoch keine Hoffnung mehr, dass sie wieder kommt.

Ỷ Lan: Können Sie uns bitte sagen, wie Sie darüber denken?

Höchstehrwürdiger Thích Quảng Độ: Frau Jabsen hat mir ja so leid getan. Ich bin so tief traurig und fühle ich so beschämend. Ich schäme mich für mein Volk und für mein Land. Es gibt keine Kultur, Höfflichkeit und Zivilisation mehr in diesem Land. Ich habe die Kommunisten noch nie um irgendetwas gebeten, nicht einmal während meiner Gefangenschaft. Das habe ich heute getan, weil Frau Jebsen mir so Leid getan hat. Wegen des schlechten Umgangs mit fremden Menschen dürfen wir uns nicht wundern, wenn Herr Linngård im dem Interview mit dem Sender BBC im Zusammenhang mit der Ablehnung seines Visums sagte: "Durch diese Angelegenheit weiß ich jetzt etwas mehr über Vietnam". Er hat abgeleitet, dass wenn die Behörden schon mit Ausländern so umgehen, dann dürften die 80 Mio. Vietnamesen unter diesem Regime noch schlechter behandelt sein.

Deshalb ist nur Demokratie das einigste Mittel zur Rettung. Wenn selbst ein Ausländer dermaßen schlecht behandelt ist, wird man automatisch verstehen, wie schlechter ein Vietnamese noch behandelt wird? Das macht mich deshalb ja so traurig und beschämend. Die gute vietnamesische Kultur, Sitten, Tugend gibt es nicht mehr. Sie sind einfach weg.

Ỷ Lan: Ich danke Ihnen, dem höchstehrwürdigen Thích Quảng Độ.

Reporterin Ỷ Lan, vom RFA Paris


Quelle: Doi Thoai