40 Jahre später – Der bedeutungslose kommunistische Sieg in Vietnam


AFP, von Cat Barton

40 Jahre nach dem Sieg im Vietnamkrieg herrscht die Kommunistische Partei immer noch mit eiserner Hand über das Land. Aber durch die grassierende Vetternwirtschaft, Korruption und Ungleichheit sagen nun viele, dass der Sieg ein bedeutungsloser war.

Von einer Gesellschaft erschüttert und geplagt von Armut und Unterversorgung zu einem Land mit mittleren Einkommen und Mitglied der Welthandelsorganisation hat Vietnams autoritäres Regime die großen Veränderungen seit dem Fall Saigons an die kommunistischen Truppen vor 40 Jahren beaufsichtigt.

Am Donnerstag (30.04.2015) treffen sich die Machthaber der Kommunistischen Partei (KP), um einer Militärparade in Ho Chi Minh Stadt, ehemals Saigon, beizuwohnen, um den Tag zu feiern als Panzer in die Stadt einrollten und den von den USA gestützten Süden zur Kapitulation zwangen und das Land wiedervereinigten.

Der Krieg kostete Millionen Vietnamesen und ca. 58 000 US-Amerikaner das Leben.

Kritiker sagen jetzt, dass die siegreiche Kommunistische Partei heutzutage ideologisch zu Grunde gegangen ist, was den Traum Ho Chi Minhs von einem Staat in dem es keine soziale Ungleichheit gebe betrifft und die immer stärkere Überwachung der ansteigenden kritischen Öffentlichkeit.

40jahre spaeter

„Das ist kein kommunistisches Land. Sie sind nur an die Macht gekommen indem sie den Sozialismus und die kommunistischen Lehren von Marx und Lenin angenommen haben, deshalb versuchen sie diese Ideologie fortzusetzen. Aber auf den Straßen Vietnams sehen wir den Kapitalismus und nicht den Kommunismus“, erklärte Anwalt und Regierungskritiker Le Cong Dinh in einem seltenen Interview mit der AFP, der seit einer Verurteilung im Jahr 2010 unter Hausarrest steht.

Parteisympathisanten jubeln über die Früchte der Marktreform Ende der 1980er Jahre, die zu imposanten Wachstumsraten, rasch steigende ausländische Investitionen und zu einer drastischen Reduktion der Armut führten.

Der bekannte Autor Huy Duc, der Bücher über die Nachkriegszeit in Vietnam schrieb, erklärte der AFP: „Die Gewinnerseite hat sich gewandelt und ist mehr zur Verliererseite geworden.“

Die öffentliche Wut im Einparteienstaat über Missstände ist in vielen Bereichen am Brodeln, dazu gehören die ausweitenden Einkommensunterschiede, Landstreitigkeiten und Korruptionsskandale in denen oftmals reiche Parteikader verwickelt sind.

Aber die Neuentdeckung von Wohlstand in den letzten Jahrzehnten bedeutet auch für die Mehrheit der Bevölkerung, dass momentan der Status quo akzeptiert wird, sagen Experten.

Für viele junge Arbeitssuchende wird der Süden als mehr sozial liberal und frei marktorientiert angesehen, als die konservative Hauptstadt Hanoi.

Ideologischer Kampf
Für ältere Vietnamesen, die die Kriegsjahre miterlebten, konnte die ideologische Spaltung zwischen den kommunistischen Siegern und den Menschen im Süden, die als „nguy“ (Marionette) bezeichnet wurden, keine Brücke schlagen.

„Es war eine Wiedervereinigung bezüglich der politischen Kontrolle und Verwaltung des Landes, aber es war keine Integration der Seele“, sagte Nguyen Ngoc Bich, ein 70-jähriger Anwalt aus Südvietnam, der 12 Jahre in einem Umerziehungslager nach Kriegsende verbrachte.

Schon bald als der Süden kapituliert hatte, flohen hunderttausende in klapprigen Booten, viele ertranken dabei. Die Flucht führte zum Entstehen einer starken Diaspora von 4,5 Mio. Vietnamesen, die oft sehr kritisch gegenüber Hanoi eingestellt ist.

Wann immer irgendein KP Vertreter die Vereinigten Staaten besucht, trifft er auf Demonstranten mit der Flagge Südvietnams.

Historiker berichten, dass mehr als 200 000 Südvietnamesen in Umerziehungslager deportiert wurden, der letzte Gefangene wurde im Jahr 1992 inhaftiert.

Experten sagen, dass aufgrund der strengen Überwachung der Medien und des Bildungssystems, sich viele Menschen in Vietnam nicht über das Ausmaß von Verfolgungen in den Nachkriegsjahren bewusst sind.

Die Regierung bestreitet das Betreiben der Lager und dementiert die Anschuldigungen der politischen Verfolgung.

„Es gab keine Diskriminierung oder unmenschliche Handlungen gegen die Menschen der alten Regierung. Nur eine kleine Gruppe der vietnamesischen Gemeinschaft in Übersee bekämpft unsere Regierung. Sie sind voreingenommen und das bleibt mit fortlaufender Zeit bestehen“, sagte Vu Hong Nam, Vorsitzender des National Komitees der Kommunistischen Partei für im Ausland wohnende Vietnamesen.

Ich kämpfte alleine
Wirtschaftlich ereilte Südvietnam nach der Kapitulation das gleiche Schicksal, was bereits in Nordvietnam 1954 durch den Aufstieg der Kommunisten geschah: Die staatliche Enteignung von Grund, Häusern und Unternehmen.

Kritiker sagen, dass die Reformen in den späten 1980er Jahren die Konjunktur ankurbelten und Wohlstand brachten, aber das Geflecht der Partei sich am neuen Reichtum überfraß.

„Es gab keine moralische Grundlage für Entwicklung“, erklärte der Anwalt Bich, der sich darüber beschwert, dass Staatsbetriebe eher von Personen mit guten Beziehungen gelenkt werden, als von jenen mit Kompetenz.

Die Regierung sagt, dass Bestechung bekämpft werde und das Wirtschaftswachstum für 2015 auf 6,2% angepeilt sei – das 24. Jahr seit der Ausweitung der Marktreformen, die 1991 begannen.

Für noch viele, die auf der Verliererseite kämpften, ist der Überlebenskampf seit dem Ende der Kampfhandlungen immer noch nicht zu Ende.

Soldaten aus dem Norden, die für die Kommunisten kämpften erhalten Pensionen und Gesundheitsversorgung, während die Leute aus dem Süden nicht das Glück haben.

„Von der vietnamesischen Regierung erhalte ich überhaupt nichts. Ich war ein Soldat und habe für Südvietnam gekämpft, aber mein Leben, verglichen mit den verwundeten kommunistischen Soldaten, ist ein Überlebenskampf gewesen, den ich alleine bewältigen musste“ sagte Nguyen Van Quang, 63, der beide Unterschenkel im Krieg verlor.
 

Übersetzung aus dem Englischen, Quelle:
http://news.yahoo.com/40-years-later-communisms-hollow-victory-vietnam-063849762.html