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Das vietnamesische Neujahrsfest

Das vietnamesische Neujahrsfest, Tet Nguyen Dan oder Tet, ist das wichtigste Fest im Jahresablauf für uns.

Es wird gefeiert, um das neue Mondjahr zu begrüßen, das für unser Volk eine höhere Bedeutung hat als der westliche Sonnenkalender.
Das Tet-Fest findet stets in der letzten Dekade des Januars oder der ersten Dekade des Februars im Sonnenkalender statt.
 

Am 18 Februar 2007 beginnt das Jahr des Feuer-Schweins, Dinh Hoi.

Die Vorbereitung des Tet-Festes beginnt aber bereits am 23. Tag des 12. Mondmonats, also in diesem Jahr am 10. Februar 2007.

An diesem Tag verabschieden wir uns durch eine besondere Feier vom Schutzgeist des häuslichen Herdes, TAO QUAN oder ONG TAO , der aus drei Schutzgottheiten besteht, nämlich aus einer Frau und zwei Männern.

Das traditionelle Herd-Gefäß aus Ton zum Kochen hat drei Stützen. Diese Stützen symbolisieren diese drei Gottheiten.
TAO QUAN reist in den Himmel , um den Himmlischen Kaiser, NGOC HOANG , über das Leben der von ihm geschützten Familie vorzutragen.
Durch Opfergaben versuchen wir den TAO QUAN zu beeinflüssen, damit er das Anliegen der Familie am himmlischen Hof wohlwollend vorträgt.


 Auf dem Familienaltar dürfen außer zahlreichen Gerichten eine komplette Hoftracht aus Papier und ein Karpfen nicht fehlen. TAO QUAN benutzt den Karpfen, um zum Himmel zu reiten, denn nach unserer Tradition kann sich dieser Fisch in einen Drachen verwandeln, der ja bis zum Himmel fliegen kann.
 
 

Mit dem 24. Tag des letzten Mondmonats beginnt eine groß angelegte Reinigungsaktion: Alles wird auf Hochglanz poliert. Die Häuser werden gründlich gereinigt, oft neu gestrichen. Neue Kleidung wird angefertigt.

 

All diese Vorkehrungen entspringen der universalen Erneuerung und der Rückkehr zum reinen Ursprung. Der erste Tag des Mondjahres ist zugleich der Tag des Frühlingsanfanges: Die Natur und der Mensch erwachen zu einem neuen Leben.

 

Für Hausfrauen ist die letzte Woche im Jahr die härteste. Sie müssen die Mahlzeiten für die gesamten Feiertage vorbereiten. Viele Spezialitäten , wie BANH CHUNG, BANH TET, BANH U oder BANH IT aus Klebreis, müssen fertiggestellt werden.

In Süd-Vietnam aßen/essen wir in den drei Tagen des Tet's u.a. folgende Gerichte: Thit kho dua (Schweinefleisch in Kokosmilch), Reis und eingelegtes Gemüse, sowie Banh Tet mit salzigem eingelegtem Gemüse.

 

In Nord-Vietnam ißt man Banh Chung.
 


Zwischen den Mahlzeiten "naschen" wir kandierte Früchte, wie muc gung (kandierter Ingwer), muc dua (kandierte Kokosnuß), muc sen (kandierte Lotuskerne), muc mang câu (Annona muricata), muc me ( Tamarindus indica), muc bi (Cucurbita maxima bzw Benincasa Hispida) muc khoai (Ipomoea batatas) usw...


Verschiedene frische Früchte, wie Dua Hâu (Wassermelone) Trai Sung (Ficus fistulosa), Xoai ( Mangifera indica) sowie "Nüsse" (hot dua: Wassermelonen-Kerne, hot bi: Kürbiskerne ... ) dürfen auf dem Tet-Tisch nicht fehlen.

Während der drei Tage sollte wenig gearbeitet werden, deswegen bleibt so oft wie möglich der Küchenherd kalt.

In jedem südvietnamesischen Haus durfte und darf die gelbe HOA MAI oder BONG MAI (Ochnaceae) nicht fehlen.


Die Hoa Mai hat 5 Blätter und ist gelb.
Mai heißt "Glück", aber die besondere Stellung der HOA MAI im Tet-Fest kommt aus unserer Mythologie, die besagt, dass zwei Götter auf einem Hoa-Mai-Baum Stellung genommen hatten, um von dort aus die Bevölkerung vor bösen Geistern zu schützen.

In Nord-Vietnam verwendet man HOA ANH DAO (Prunus cerasoides), weil dort die HOA MAI nicht wächst. Die Anh Dao-Blüte hat 5 Blätter und ist rosa.

HOA THUY TIEN (Narcissus chinensis) ist die andere Blume des Tet's. Kenner müssen die Thuy Tien-Zwiebeln so bearbeiten, dass sie am 1. Tag des Neuen Jahres blühen. Sie wachsen in einer Schale aus Kristall mit Regenwasser gefüllt. Thuy Tien's Duft wird genauso geschätzt wie ihre Schönheit.

Thuy Tien zu züchten ist eine Kunst, die nur ältere Leute beherrschen.


Am 23. Tag des 12. Mondmonats, an dem Tag der Abreise des Schutzgeistes TAO QUAN, wird vor dem Haus ein CAY NEU , ein großer Bambus ohne Blätter gestellt, an dessen Spitze ein Bambusring befestigt wird, an dem gebastelte Fische, Fledermausfiguren aus Ton sowie Glöckchen, Tingsha und Dorje aus Metall hängen, welche bei Wind Lärm machen,damit die Geister wissen, dass das Haus bewohnt ist und dass sie es nicht in Beschlag nehmen dürfen.
 
In meiner Familie hatten wir auf diesem CAY NEU eine Papierlaterne befestigt, damit unsere Verstorbenen/ Ahnen den Weg zu uns finden, um uns, ihre Nachfahren, besuchen zu können. Dieser CAY NEU verblieb bis zum 7. Tag des Tets vor unserem Haus.
 
In der letzten Nacht des Mondjahres wird eine große Menge von Kalkpulver um das Haus gestreut.
Vor dem Haus zeichnete mein Großvater einen großen Bogen mit Kalkpulver. Diese Tradition besteht seit dem 10. Jahrhundert. Damals empfiehl ein guter Gott einem König dieses zu tun, um das Volk von bösen Geistern verursachten Seuchen zu retten.
Später übernahmen viele Ärzte der Traditionellen Medizin diese Bräuche, um ihre Familie vor Seuchen und bösen Geistern, die verärgert werden können, zu schützen.
 
 Die Nacht zum Neujahr heißt "DEM GIAO THUA ". Auf den Buddha- und den Ahnenaltären hat die Hausfrau frische und kandierte Früchte sowie Blumen bereitgestellt. Fünf verschiedene Früchte stellen die 5 Elemente dar, ngu qua.
 


In Süd-Vietnam besteht der Mam ngu qua aus den 5 Früchten: Mang cau, Dua, Sung , Du du , Xoai . Mit ihren Namen stellen diese Früchte bestimmte Gebete/Wünsche dar.


Mit der Frucht Mang cau (Annona muricata/ Annona squamosa) wird darum gebeten, dass alles geschieht, wie man es sich wünscht: cau chuc cho moi dieu nhu y.

Mit der Frucht Dua (Cocos nucifera) wird darum gebeten, dass es an nichts fehlt: xin vua du, khong thieu.

Mit der Frucht Sung (Ficus fistulasa) wird darum gebeten, dass genügend Gesundheit und Gelder im Jahr vorhanden sind: Sung man ve suc khoe va tien bac.

Mit der Frucht Du du(Carica papaya) wird darum gebeten, dass genügend Prosperität herrscht: Du thinh vuong.


Mit der Frucht Xoai(Mangifera indica) wird darum gebeten, dass man genug zum Ausgeben hat: mong tieu xai khong thieu thon.

 

Auf dem Ahnenaltar darf außerdem trau cau ( Piper betel, Areca catechu) nicht fehlen.


In dieser Nacht, also am 30. Tag des 12. Mondmonats, kommt auch der TAO QUAN vom Himmel zurück.

Wenn es 24 Uhr ist, spricht das Familienoberhaupt mit Räucherstäbchen in den gefalteten Händen und mit gesenktem Kopf, alte Gebete. Dann fallen wir alle auf die Knie und beten. Wir wissen, dass unsere Verstorbenen/Ahnen während des gesamten Tet-Festes bei uns weilen und mit uns feiern.

Nach dieser Zeremonie vor dem Altar werden rote Knallkörper angezündet. Diese dienten ursprünglich der Abschreckung der bösen Geister.

Danach gehen oft die Frauen in den Tempel um dort weiter zu beten. Dort wird häufig Orakel gelesen: xin xam .
In einem hohen Metallgefäß befinden sich Bambusstäbchen. Während des Betens schüttelt die Betende das Gefäß bis ein Stäbchen herausfällt. Dann geht sie mit diesem zum Priester, der das Orakel liest. Dieses nennen wir "xin xam"


Beim Hinausgehen pflückt die Tempelbesucherin einen Zweig von den Büschen, welche im Garten des Tempels wachsen: Hai Loc : Glück/Reichtum pflücken. Sie nimmt diesen Zweig mit nach Hause und stellt ihn in eine Vase auf den Ahnenaltar. Aus diesem Grund sind die Gärten der Tempel nach dem Tet-Fest oft ohne Büsche bzw. ohne Bäume, manchmal völlig verwüstet!

Der erste Besucher entscheidet, wie das Jahr sein wird: " xông nha, xông dât ". Der 1. Besucher soll eine angesehene Person oder Mensch sein, der Glück bringt. Um sicher zu sein, dass der 1. Besucher Glück bringt, spricht man sich untereinander ab.

Ich erinnere mich noch, dass meine Mutter betagte Bekannte, die Glück (Phuoc), Reichtum (Loc), langes Leben, also Gesundheit (Tho) hießen, gebeten hatte, uns kurz nach Mitternacht zu besuchen.
In jenem Jahr kamen zwei Bekannte, ein Mann hieß "Millionen" (Trieu) und der Andere "Französische Francs" (Quan), bevor die drei bestellten Besucher kamen.
Sie sagten beim Eintreten: "Trieu quan den nha": Millionen Francs kommen ins Haus. In jenem Jahr war meine Mutter immer besorgt, wenn wir erkrankten.... Reichsein heißt nicht unbedingt gesundsein!

Nach dem Beten vor dem Altar beglückwünschen die Jüngeren die Älteren. Die Jüngeren beglückwünschen das Älterwerden der Älteren, mung tuoi .
Nichts ist schöner als alt zu sein!

In Vietnam freuen wir uns, wenn wir ein Jahr älter sind, d.h. dem Ziel, ein langes Leben hinter uns zu bringen, einen Schritt näher gekommen sind.

Wir bekommen neue Geldscheine in einem roten Tütchen geschenkt: li xi.

Schenken (Loslassen) ist eine Tugend, die man sich für das Neue Jahr wünscht. In unserer modernen Zeit wünschen wir mit diesem Ritual, dass der Beschenkte im ganzen Jahr Gelder von der Bank bekommt.

Der erste Tag im Neuen Jahr ist DER TAG. Von ihm hängen die übrigen Tage des Jahres ab. Er prägt die anderen Tage, entweder man wird glücklich oder unglücklich.

Die Feierlichkeiten dauerten damals einen ganzen Monat, gegenwärtig nur 3 Tage.
In diesen Tagen dürfen wir keiner anstrengenden Arbeit nachgehen, keine Sorgen und keinen Streit haben. Bewusst wird alles vermieden, was Unglück bringen könnte.

Jedes Ritual beinhaltet eine Opfergabe in Form von Früchten und Blumen außerdem das Anzünden von Räucherstäbchen sowie die Gebete.


Khai but : Es wird ein Ritual durchgeführt, wenn wir das erste Mal etwas schreiben. Man berechnet das Alter und sucht einen "guten" Tag, um das 1. Mal einen Schreiber in die Hand zu nehmen, in der Hoffnung, dass wir keine unangenehmen schriftlichen Nachrichten im Jahr erhalten werden bzw. schreiben müssen.
Damals schrieben unsere Gelehrten Frühlingsgedichte. Das ist eine angesehene Kunst.

In meiner Familie schrieben meine beiden Großväter wunderschöne parallele Gedichte, eine Art von Distichon, aber in der alten vietnamesischen Schriftsprache "chu Nom", als Kalligraphie.

Nur Gelehrte taten es. Dieses Ritual heißt "cau doi ".

Khai kim chi : Man berechnet das Alter und sucht einen "guten" Tag, um das 1. Mal eine Nadel in die Hand zu nehmen, in der Hoffnung, dass wir im Jahr niemals die Kleidungen flicken müssen. Das Ritual besteht darin, dass die Hausfrauen auf rosa Stoffen mit roten Faden nähen oder sticken.

Die Ehefrau befragt außerdem die Götter mit diesem Ritual, wie die eheliche Beziehung im Neuen Jahr sein wird.
Wenn das Omen wegen karmischer Beziehungen schlecht ist, ist sie damit gewarnt und wird versuchen durch veränderte Handlungen bzw. Lebensweise dieses zu lenken. Z.B wird sie vermehrt im Tempel beten, öfters Opfergaben leisten, Streit meiden, gute Mahlzeiten vorbereiten...

Hoa vang : Am 3. Tag , am 7. oder am 10. Tag des Tets versammelt sich die gesamte Großfamilie, um sich von den Verstorbenen zu verabschieden. Die Verstorbenen bekommen eine große Mahlzeit, bevor sie sich auf die Reise begeben.
Außer fertigen Gerichten befinden sich noch Gold, Früchte, Reis in Körben sowie Geldscheine als Opfergabe.

Xuat hanh: Bevor man das erste Mal das Haus verlässt, sucht man die richtige Stunde und Himmelsrichtung, um Bekannte und Freunde zu besuchen. Dieses bringt Sicherheit und Glück außerhalb des Hauses im gesamten Jahr.

 



Auf dem Land legt der Landwirt großen Wert auf die Windrichtung beim Verlassen des Hauses .

Wenn er das erste Mal sein Haus verlässt, und der Wind aus dem Süden kommt, weiß er, dass das Neujahr große Dürre bringen wird.
Wenn der Wind aus dem Westen kommt, wird es Plünderung und Meuterei geben,

aus dem Südwesten große Epidemien,
aus dem Norden wird die Ernte mittelmäßig ausfallen,
aus dem Nordwesten wird die Ernte sehr gut sein,
aus dem Osten wird es große Überschwemmungen geben.

Mit solchem Omen wird der Landwirt gewarnt. Er wird zu unterschiedlichen Vorbeugungsmaßnahmen greifen.

Quet nha: In den Tet-Tagen darf das Haus nicht geputzt , bzw. Abfälle nicht weggebracht werden. Wir glauben, dass man damit Geld und Glück aus dem Haus wegwirft.

Khai truong: Wenn man ein Geschäft hat, muss auch der Öffnungstag ausgesucht werden und die Öffnung mit Opfergaben und Gebete durchgeführt werden. Meistens ist es der 6. Tag des neuen Jahres.


 








Das Tet-Fest ist das wichtigste Ereignis im Jahr für eine/n Vietnamesin/sen.

Wir feiern nicht den Tag unserer Geburt, da das Tet-Fest ein Geburtstag für alle ist: Alle werden ein Jahr älter. Auch wenn man am 30. Tag des 12. Mondmonats geboren ist, wird man zum Tet-Fest 1 Jahr alt!

Es gibt für den Vietnamesen nichts Schlimmeres, als an diesen Festtagen weit weg von zu Hause leben zu müssen und keine Möglichkeit zu haben, für einige Tage zu seinem Geburtsort und zu seiner Familie zurückzukehren.

Deswegen lasst uns gemeinsam unser Neujahrsfest, das Tet-Fest, mit Menschen, die wir liebgewonnen haben, feiern, da wir Süd-Vietnamesen, seit über 30 Jahren im Exil leben.

Pham Thi Que Huong

 

 



Bilder von

Juliane K.

UCLA Asia Institute

 

 

Siehe auch: Tet - Das vietnamesische Neujahrsfest


 

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