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Nach 30 Jahren Verfolgung verstarb der buddhistische Patriarch Thich Huyen Quang

Thich_Huyen_Quang2.jpgAm 5. Juli 2008 erlag das Oberhaupt der Vereinigten Buddhistischen Kirche Vietnams (VBKV), Patriarch Thich Huyen Quang, im Verbannungsort Binh Dinh seiner Krankheit. Die Bestattung soll am 11. Juli stattfinden.
GFM warnt vor Störungen bei der Beerdigung

Hanoi-Frankfurt/M (10. Juli 2008) – Am 5. Juli 2008 erlag das Oberhaupt der Vereinigten Buddhistischen Kirche Vietnams (VBKV), Patriarch Thich Huyen Quang, im Verbannungsort Binh Dinh seiner Krankheit. Die Bestattung soll am 11. Juli stattfinden. Der 88jährige, dessen offizieller Titel "Vierter Oberster Patriarch" war, befand sich dreißig Jahre lang unter Hausarrest. Die vietnamesische Regierung streitet sich nun mit der VBKV um das Recht, seine Bestattungszeremonie auszurichten. Staatliche Medien führen seit Wochen eine Schmähkampagne gegen die verbotene VBKV und deren Mönch Thich Quang Do, die Nummer Zwei in der VBKV-Hierarchie. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) ruft die vietnamesische Regierung auf, jegliche Provokation zu vermeiden und eine friedliche Bestattung des Patriarchen zu ermöglichen. Zurzeit deuten alle Zeichen darauf hin, dass die Regierung eine härtere Gangart gegen die VBKV einschlägt. Um eine Eskalation zu verhindern, appelliert die IGFM an westliche Medien und Diplomaten, Beobachter zum morgigen Begräbnis zu entsenden.


Ein Leben zwischen Haft und Hausarrest

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Patriarch Thich Huyen Quang - ein Leben zwischen Haft und Hausarrest. Bild: IBIB
Der 1920 in der zentralvietnamesischen Provinz Binh Dinh geborene Thich Huyen Quang setzte sich sein Leben lang für Menschenrechte und die Unabhängigkeit seiner Kirche ein und wurde von vietnamesischen Regierungen jeglichen politischen Couleurs während der beiden Vietnam-Kriege verfolgt. Nach der Machtübernahme der Kommunisten 1975 leitete er mit Thich Quang Do den Kampf gegen die Verfolgung der buddhistischen Mönche und Nonnen und die Konfiszierung der Pagoden in Südvietnam. 1977 wurde er sechs Monaten lang ohne Urteil an einem unbekannten Ort in Haft gehalten. Erst auf Druck der Weltöffentlichkeit kam es zu einem Gericht. Thich Huyen Quang wurde damals zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Seitdem stand er de facto unter permanentem Hausarrest und strenger Bewachung durch den Staatssicherheitsdienst.

Als er sich gegen die von der Regierung verordnete Gründung einer neuen regimetreuem buddhistischen Kirche stellte, die die VBKV schlucken bzw. in die Illegalität drängen sollte, wurde er 1982 aus Saigon in die Verbannung in die Provinz Quang Ngai geschickt und unter Berufsverbot gestellt. Er durfte weder den "religiösen Beruf " ausüben noch Übersetzungs- oder anderen Tätigkeiten nachgehen. Es ist bis heute unklar, warum die vietnamesische Regierung nur eine einzige buddhistische Kirche zugelassen hat, während sie bei anderen Glaubensrichtungen mehrere Kirchen anerkennt.

1992 wurde er zum Vierten Obersten Patriarchen der VBKV ernannt. Die Provinzregierung von Quang Ngai forderte ihn daraufhin 1993 auf, sein Amt niederzulegen und das Amtssiegel abzugeben. In einer Erklärung am 20. November 1993 machte er den kommunistischen Staat für die Misere im Lande verantwortlich und rief dazu auf, die Festschreibung des Machtmonopols der Kommunistischen Partei Vietnams aus der Verfassung zu streichen und freie Wahlen unter UN-Beobachtung stattfinden zu lassen.

Unter dem Druck der Weltöffentlichkeit wurde dem kranken und betagten Thich Huyen Quang im April 2003 erlaubt, zu einer Augenoperation nach Hanoi zu fahren. Bei dieser Gelegenheit traf er sich nicht nur mit westlichen Diplomaten sondern auch mit dem damaligen Premierminister Phan Van Khai, der eine Lösung für das VBKV-Problem versprach. In Begleitung von Regierungsbeamten durfte er anschließend einige VBKV-Ortsverbände und führende VBKV-Amtsträger aufsuchen. Als die VBKV im Oktober 2003 eine außerordentliche Vollversammlung abhalten wollte, wurde diese abrupt aufgelöst. Teilnehmer wurden aus dem Versammlungsort verwiesen bzw. von der Polizei in ihre Wohnorte gebracht.

Seitdem dürfte Thich Huyen Quang seine Pagode nur noch wegen medizinischer Behandlung verlassen. Eine Behandlung in Saigon, wo es die besten Kliniken des Landes gibt, war nicht immer möglich, weil man davor Angst hatte, dass er sich dort mit seinen Anhängern treffen könnte. Besucher seiner Pagode in Binh Dinh wurden von der Polizei kontrolliert und eingeschüchtert. Von seinen Mitarbeitern isoliert konnte der Patriarch seine VBKV zu seiner Lebzeit nicht mehr richtig leiten. Die VBKV, einst als Zusammenschluss aller buddhistischen Religionsgemeinschaften in Südvietnam, kann sich infolge der ständigen Verfolgung nicht entfalten.


Streit um die Beerdigung

Obwohl die vietnamesische Regierung den Patriarchen Thich Huyen Quang nie anerkannt und ihn immer wieder kritisiert hatte, will sie nun ein "gebührendes Begräbnis" für ihn organisieren. In der Staatspresse wird darüber spekuliert, dass die VBKV die Beerdigung zur eigenen Werbung nutzen könnte, um auf sich aufmerksam zu machen und ihre Stellung aufzuwerten. Man wolle der VBKV – einer als illegal eingestuften Religionsgemeinschaft – keine Bühne bieten. Staatliche Medien riefen Buddhisten in Binh Dinh auf, an der Beerdigung nicht teilzunehmen, falls diese von der VBKV in Persona des Mönchs Thich Quang Do organisiert werden sollte.

Bis heute hat die VBKV jede Einmischung des Staates bei Bestattungszeremonien abwehren können. Wie bei der Beerdigung des Dritten Obersten Patriarchen Thich Don Hau im Jahre 1992 wird auch diesmal damit gerechnet, dass zahlreiche VBKV-Mitglieder aus dem ganzen Land kommen werden, um ihrem Kirchenoberhaupt die letzte Ehre zu erweisen. Wie bei der Beerdigung des renommierten Dissidenten Hoang Minh Chinh in Hanoi im Februar 2008, werden auch viele ausländische Journalisten und westliche Diplomaten bei der Bestattung von Thich Huyen Quang anwesend sein. Ihre Anwesenheit könnte die Regierung vom härteren Durchgreifen gegen die Mönche abhalten.


Quelle: www.igfm.de