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Was macht jetzt eigentlich Lynda Trang Dai?



Wie es dazu kam, dass die Vietnamesische Madonna zur Besitzerin eines bánh mì-Shops in Little Saigon wurde 
 
In Orange County, Kalifornien, gibt es keinen Mangel an Restaurants, die bánh mì – leckeres vietnamesisches Sandwich aus knusprigem Baguette gefüllt mit gegrilltem Fleisch, vietnamesischer Wurst, frischem und eingelegtem Gemüse – verkaufen. Der Ort Little Saigon liegt im Süden des Bezirks und weist die größte, vietnamesische Bevölkerungsdichte außerhalb Vietnams auf.  Um einen Popstar hier zu treffen muss man allerdings nur in die Innenstadt von Westminster gehen. Dort steht hinter einem Tresen eine Dame, die auch als die Vietnamesische Madonna bekannt ist.   

Lynda Trang Dai ist die glamouröseste Besitzerin eines Sandwich Shops, die ich je gesehen habe. Sie trägt High Heels, einen kurzen Rock and perfektes Make-up – einschließlich falscher Augenwimper. Sie ist auch eine kleine Diva. Sie lässt mich gerade zwei Stunden für ein Interview warten. Doch sie ist auch diejenige, die zwischen Textnachrichten-Schreiben und Telefonanrufen zur Küche rennt um den Industriemischer, der eine speziale Sauce für die Sandwiches durchrührt, überprüft. Sie ist die Einzige, die das Rezept kennt. 

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Bei Lynda Sandwich in Westminster, Orange County, weiß nur Lynda Trang Dai selbst, wie die geheime Sauce gemacht wird. 
 
Ihr Shop “Lynda Sandwich” befindet sich inmitten eines Parkplatzgeländes und ist Teil einer Ladenzeile. Beim Betreten des Geschäfts könnte man aber meinen, man befände sich in einem schicken Wohnzimmer mit ansehnlichen Pflanzen, bunten Wandbildern ihrer Idole wie Michael Jackson und Marilyn Monroe und einem Breitbildfernseher, der den Sender Food Network zeigt. Auch gibt es eine Wall of Fame mit eingerahmten Bildern von amerikanisch-vietnamesischen Sängern. Doch Lynda Trang Dai ist vermutlich bekannter als sie alle.     

“Als Kind habe ich mit meinen Eltern sie gerne auf Videos angeschaut. Sie ist ziemlich bekannt unter Vietnamesen”, sagt Kunde Patrick Pham. 

“Ich habe sie noch nie persönlich getroffen”, fügt er noch verlegen hinzu obwohl sie in diesem Augenblick nur einige Meter entfernt von ihm an einem Tisch steht. Er ist zweifellos ein Fan – auch wenn er behauptet, er würde wegen dem bánh mì hierher kommen: “Hier haben sie echt gutes Essen. Ja, und es ist sehr einfach gehalten. Wissen Sie, was ich meine? Ich glaube, das Baguette kam aus Frankreich. Vietnam ist 100 Jahre lang eine Kolonie Frankreichs gewesen.”     

Javier Alcala, ebenfalls Gast im Shop, arbeitet an der örtlichen Volkshochschule. Er ißt sein bánh mì mit seiner Lieblingswurst chả tôm – einer eher ungewöhnlichen Wurstsorte aus Shrimps. Alcala kam zunächst aus Neugierde in den Shop. Ihm ist schon jahrelang Plakate mit Konzertterminen der Sängerin in der Stadt aufgefallen. Aus diesem Grund wollte er einmal das Essen der Madonna von Little Saigon probieren.

Lynda Trang Dai bereitet ihr "Lynda's Special" zu 

        
Lynda Trang Dais Lebensgeschichte ist ziemlich außergewöhnlich. Doch während sie über ihre Kindheitstage in den 70er Jahren in Zentralvietnam erzählt wird einem klar, dass Essen immer eine zentrale Rolle gespielt hat. 

“Ich erinnere mich, wie ich an diesem Holztisch gesessen habe und meine Großmutter mir beigebracht hat bánh bèo – einen kleinen Teigkuchen mit Shrimps belegt - zu machen.” Eine Speise, die sie immer noch liebt. Nach dem Krieg wurde ihre zuvor wohlhabende Familie arm. Sie erzählt: “Ich habe Obst gekauft, eine ganze, große Wassermelone, habe sie in Stücke geschnitten und durch den Verkauf Geld gemacht. 

In 1979 wurde ihr Vater vor der Regierung gewarnt, die ihn verdächtigte die CIA während des Krieges unterstützt zu haben und im Begriff war ihn zu untersuchen. Die Familie flüchtete um 2 Uhr morgens und musste sich auf zwei kleine Boote aufteilen. 

“Wir mussten leise sein, sehr leise”, erinnert sich Lynda. “Wir haben große Angst gehabt. Wenn wir erwischt worden wären, hätte man uns ins Gefängnis gesteckt.” Sie haben Stürme überlebt und das Essen ging ihnen aus bis sie endlich Zuflucht auf einer chinesischen Insel fanden. Dort bekamen sie Reis mit Zucker zu essen. “Es war seltsam Reis mit Zucker zu essen aber es schmeckte so gut zu der Zeit”, sagt sie.

Sie gingen dann wieder auf ihre Boote und fuhren Richtung Hong Kong als sie ein großes britisches Schiff sahen, von welchem sie gerettet werden würden. Alle fingen an dem Schiff zuzuwinken. 

“Ich könnte es niemals vergessen, es war einfach unglaublich, es war der großartigste Moment”, erzählt Lynda und findet für einen Augenblick vor Rührung keine Worte. “Als wir auf ihr Schiff gebracht wurden, haben sie uns Croissants gegeben. Das war wie wenn man gerade aus der Hölle direkt in den Himmel kommt.”

Als die Familie in den USA ankam, entdeckte Lynda eine neue Leidenschaft und so begann ihre erste Karriere. Sie hat es schon immer geliebt zu singen und war auch die erste in der Grundschule, die sich freiwillig dafür gemeldet hat. Als sie zur Highschool ging, begann sie an kleinen Veranstaltungsorten in Little Saigon und Umgebung aufzutreten. Ihre Flyers hat sie auch selbst angebracht. Eines Nachts wurde sie dann schließlich bei Singen in einem Club entdeckt. Sie wurde zu ihrem ersten Videodreh in einer Musikshow mit dem Namen Paris By Night – einer äußert beliebten Videoserie – eingeladen. Also flog sie nach Frankreich und verpasste ihre Highschool-Abschlußfeier.     

Aus ihr wurde ein Star, der sich provokativ anzog und sowohl auf Englisch als auch auf Vietnamesisch sang – was junge amerikanische Vietnamesen nahezu anzog. In den 90er Jahren hätte man wohlmöglich in jedem Haus der vietnamesischen Diaspora eine VHS-Videokassette my Lynda Trang Dai gefunden. Die Videos fanden ihren Weg sogar zurück nach Vietnam, wo sie auf Märkten landen, die sich in einer “rechtlichen Grauzone” bewegten. 

“Damals war es illegal diese Videos anzuschauen”, erklärt Lynda, die hinzufügt, dass man ins Gefängnis kommen könnte, wenn man erwischt worden wäre. Nichtsdestotrotz haben geschätzte 72 Millionen Menschen in Vietnam die Videos angeschaut.       

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Lynda Trang Dai wird auch die “Vietnamesische Madonna” genannt.

Lynda begann vietnamesische Gemeinden in den USA und weltweit zu touren doch ihre Obsession für vietnamesisches Essen blieb nach wie vor. Sie erzählt, als sie zum ersten Mal nach Australien geflogen sei, habe sie Essen ins Flugzeug mitgebracht und die Flugbegleiterin gebeten, eine Nudelsuppe für sie warm zu machen. Natürlich habe sie auch ihr geliebtes bánh bèo dabei gehabt.  

“All die anderen vietnamesischen Sänger sahen mich an als würden sie zu mir sagen ‘Du bist echt merkwürdig!’.”     

Gutes vietnamesisches Essen fand sie jedoch auch überall auf der Welt. So entwickelte sie eine Art Ritual, das sie nach jeder Landung durchführte: “Egal in welcher Stadt ich bin, ich gehe bloß ins Hotel um einzuchecken und um mein Gepäck abzulegen und dann mache ich auf den Weg ein vietnamesisches Restaurant zu suchen.”  
 
Sie ist immer noch viel auf Tour. Bei meinem jetzigen Besuch hat sie jedoch einen Auftritt mit ihren Altersgenossen direkt in Westminster, in einem Festsaal ganz in der Nähe ihres bánh mì Shops. Das Publikum ist wie in den 90er Jahren gekleidet, darunter auch die Schwestern Hang und Juliette Nguyen, die aus L.A. gekommen sind um die Show zu sehen. 

“Das waren die großen vietnamesischen Stars als wir noch jünger waren. Wir haben sie immer auf Videos angeschaut und sind zu ihren Konzerten gegangen, immer wenn sie in den Süden gekommen waren.”

Die Schwestern sagen es habe nicht so viele Vietnamesen in Alabama in den Achtzigern gegeben. Heute Abend trägt die Sängerin ein sehr luftiges Bänder-Outfit. Dieses Image ist auch genau das, was die Schwestern in Erinnerung haben: das Sexsymbol unter den vietnamesischen Sängern. 

“Sie war die Vietnamesische Madonna”, stellen sie dann einstimmig fest.     

Lynda ist von dem Vergleich geehrt. Sie sagt aber auch, es sei harte Arbeit gewesen ein großes Publikum zu erreichen. 

“Hinten den Kulissen bin ich eine komplett andere Person, ein durch und durch traditionelles, vietnamesisches Mädchen, das sich um seine Familie kümmert, Essen auf den Tisch bringt und all das.”  

Gesagt, getan: zusammen mit ihrer Familie eröffnete sie ihren Sandwich-Shop. Auch wenn ihr kleines Personal den Großteil der Essenszubereitung und des Verkaufes abdeckt – Lynda Trang Dai ist die Einzige, die die speziale Lynda Sauce zubereitet.   

“Wenn ich gelegentlich nach Australien reise um auf einer Tour zu singen – oder nach Europa – dann bleibe ich die ganze Nacht davor wach und bereite hier im Laden Sauce zu. Wenn ich dann müde bin, dann schlafe ich halt im Flugzeug.”

Sie tue einfach alles für gutes Essen. 

 
Lisa Morehouse’ Serie California Foodways wird von Cal Humanities unterstützt. In einem von Mesa Refuges Wohnstätten arbeitete sie an diesem Artikel.  
 
 
Quelle: