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Überlebende der Vergewaltigung führt Bewegung gegen sexuelle Gewalt. Und das mit großem Erfolg.

Amanda Nguyen ist dabei Gesetze in ganz Amerika zu verändern.

Amanda Nguyen hatte sich folgendes vorgestellt: sie würde nach Harvard gehen, Astrophysik und National Security studieren und Astronautin werden. Doch dann hatte sich alles verändert.

Mit 26 Jahren hat Nguyen ihr Leben dem Reformieren der Gesetze für Opfer des sexuellen Übergriffs gewidmet. Sie selbst hatte Ungerechtigkeiten des Justizsystems am eigenen Leibe erfahren müssen, nachdem sie 2013 vergewaltigt worden war.

„Vergewaltigt worden zu sein ist nicht das Schlimmste, was mir passiert ist“, sagt Nguyen. „Es ist vom Strafjustizsystem betrogen worden zu sein.”

Dieser Verrat, wie sie es nennt, war ein Gesetz in Massachusetts, welches es zuließ, dass ihr Rape Kit (sichergestellte physische Beweismittel nach einer Vergewaltigung) nach sechs Monaten vernichtet werden würde, hätte sie nicht eine verlängerte Aufbewahrung der Beweismittel beantragt. Die Verjährungsfrist, in der eine Person wegen Vergewaltigung belangt werden kann, beträgt hingegen 15 Jahre.

Im Jahre 2014, als sie erst 23 Jahre alt war, gründete Nguyen Rise, eine nationale Bewegung, die für die Rechte von Missbrauchsopfern kämpft. Zwei Jahre später half Rise dabei die Sexual Aussault Survivors‘ Bill of Rights zu verfassen und durch den Kongress zu bringen. Dieses Bundesgesetz war erst das 21. Gesetz in der jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten, das ohne jeglichen Widerspruch angenommen und im Oktober 2016 vom damaligen US-Präsidenten Barack Obama unterzeichnet wurde.

Auch wenn jenes Gesetz von großer Wichtigkeit war, so diente es vorwiegend als Vorlage, an welcher sich die Bundesstaaten orientierten. Da die meisten Vergewaltigungsfälle jedoch gerichtlich auf Landesebene beurteilt werden, konnte es den geschätzten 25 Millionen Frauen in den USA, die die Vergewaltigung überlebt hatten, nur geringfügig weiterhelfen.

Es war sehr schwierig herauszufinden, was für Rechte ich besaß", sagt Nguyen. Und als wäre das noch nicht genug gewesen, erfuhr ich beim Nachforschen meiner Rechte, dass es andere Staaten gab, die diese bedauerlichen Regularien nicht besaßen. Somit sah ich da eine Ungleichmäßigkeit in der Gesetzgebung."

Seitdem arbeitet Nguyen an der Umsetzung von Landesgesetzen. Und das bislang in einem erstaunlichen Tempo: ihre Organisation hat dabei unterstützt, dass 19 Gesetze innerhalb von 18 Monaten angenommen werden. Im Durchschnitt ist es mehr als ein Gesetz pro Monat.

Die genannten Gesetze verfechten vier Grundsätze, in denen das Opfer jeweils das Recht hat, …
1) auf seinen eigenen Polizeibericht Zugriff zu haben
2) Zugang zu haben zu seiner eigenen Krankenakte und Rape Kit-Untersuchung
3) nicht für die Rape Kit-Untersuchung, welche bis zu 2000 US-Dollar kosten kann, bezahlen zu müssen
4) dass das Rape Kit nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist zerstört wird.



Laut Nguyen werden Gewalttätern und Sexualverbrechern oft mehr Rechte gewährt als deren Opfern. So weist sie darauf hin, dass Tatverdächtige im Vergewaltigungs- oder sogar Mordfall häufig jahrelangen Zugang zu Polizeiberichten und Krankenunterlagen haben um Entlastungsnachweise finden zu können, welche gegebenenfalls deren Unschuld beweisen bzw. eine unrechtmäßige Anklage aufweisen. Aus diesem Grund ist es unvorstellbar, dass viele Bundesstaaten den Vergewaltigungsopfern nicht die gleichen Zugriffsmöglichkeiten bieten.

Jetzt, wo Rise in den Vereinigten Staaten in Fahrt gekommen ist, versuche man, so Nguyen, auch global tätig zu werden. 35% der Frauen auf der Erde bzw. 1,3 Milliarden Menschen sind WHO zufolge Opfer von sexueller Gewalt. Im letzten Jahr hat die #MeToo-Aktion das Anliegen von Nguyen und Rise stärker in den Vordergrund gebracht.

„Die Welt befindet sich zurzeit in einem Moment der Abrechnung“, sagt Nguyen. „#MeToo ist ein Beispiel dafür. Ich bin so begeistert, dass Leute darüber reden und dass es zu einem Teil des sozialen Bewusstseins geworden ist. Was Leute sich nun fragen, ist, was können wir jetzt tun? Was kann ich als Einzelner machen um wirklich etwas zu bewegen? Und die gute Nachricht ist, dass das Survivors‘ Bill of Rights eine handfeste und konkrete Handlungsmaßnahme darstellt.“

Da nun die #MeToo-Aktion in aller Munde ist, wird Nguyen weltweit für ihre Arbeit anerkannt. Sie wurde im Juni für den Friedensnobelpreis nominiert.

„Ich war wie im Schockzustand, meine Augen waren weit aufgerissen“, sagt sie. „Als wäre ein Blitzschlag durch meinen ganzen Körper geflossen. Ich empfand die reinste Freude aber auch einfach ein gewaltiges Gefühl von Demut und Dankbarkeit. Es ist immer noch schwer zu begreifen.“

Doch wie immer bleibt sie auf die anstehende Aufgabe fokussiert.

„Ich weiß, wofür ich diese Nominierung gebrauchen kann: Ich werde das Anliegen, wofür wir weltweit kämpfen, ins Rampenlicht rücken“, fügt sie hinzu. „Es geht um die Arbeit, die wir tun, den Kampf, den wir führen und die Bewegung, um die wir uns bemühen aufzubauen. Und bei dieser Bewegung geht es darum eine Welt zu erschaffen, auf der sexuelle Gewalt nicht mehr existiert.


Quelle:
https://aplus.com/a/amanda-nguyen-rise-sexual-assault-survivors-bill-of-rights?no_monetization=true