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Ein persönliches Interview

Ein persönliches Interview mit einer 25-jährigen Frau in Vietnam, die mit einem Taiwanesen verheiratet war.

Tam: Mein Name ist Nguyen Hoang Thanh Tam mit Len Duong International Vietnamese Youth Group (LDIVY), und begrüße Sie zu unserem Programm. Durch verschiedene Artikel und Berichte haben wir so viel über die herzzerreißenden Vorfälle von vietnamesischen Frauen, die Taiwanesen heiraten müssen, gehört. Heute möchte die LDIVY, anhand eines Beispiels, über dieses Thema berichten. Das Opfer, eine 25-jährige Frau aus einer südlichen Provinz Vietnams, die einen Taiwanesen vor einem Jahr heiratete, ist heute geschieden und wartet darauf, in unsere Heimat zurückzukehren. Dieses Interview fand am Samstagmorgen, dem 13. März 2004, per Telefonat zu einer Nordprovinz in Taiwan statt. Die Audioaufnahme dieses Interviews kann auf der Website von Len Duong http://www.lenduong.net gefunden werden.

 

Und nun möchten wir Sie zu diesem Interview einladen. Zum Schutz der Privatsphäre wird das Opfer Chi Loan genannt.

Tam: Zuallererst, können Sie unsere jungen Freunde und unsere vietnamesischen Mitbürger darüber informieren, wie ihre aktuelle Situation aussieht? Wann sind Sie nach Taiwan gekommen?

Chi Loan: Ich kam (nach Taiwan) im März... März letzten Jahres. Es muss nun ein Jahr her gewesen sein, seitdem ich hier bin.

Tam: Ihr Leben in Taiwan, seit der Ankunft bis jetzt, können Sie beschreiben, wie dieses Leben ausgesehen hat?

Chi Loan: Wissen Sie, seitdem ich hier bin, bin ich nicht mehr glücklich gewesen... Kann ich Ihnen die Geschichte von dem Zeitpunkt an, an dem ich bei meinem Mann angekommen bin, erzählen? Ich werde Ihnen alles erzählen.

Tam: Sicher!

Chi Loan: Als ich zuerst herkam, hat mich die Familie meines Mannes überhaupt nicht geliebt. Meine Schwiegermutter erzählte mir, dass sie meinem Mann Geld angeboten hätte, damit dieser nach Vietnam fliegen konnte, um mich zu kaufen, mich hierher zu bringen, damit ich das Haus putzte. Das ist das, was sie mir erzählte. Mein Mann hatte bereits eine Frau und drei Kinder – zwei Mädchen und einen Jungen. Das älteste ist 10 Jahre alt, ein anderes 9 Jahre alt und das jüngste 5 Jahre alt.

Er geht immer mit seiner Frau aus. Ich bin nur hier um den Haushalt zu machen, es war nie Liebe zwischen uns. Später, war ich nur am Heulen, fragte nach einer Scheidung und nach einer Rückkehr in meine Heimat, doch meine Schwiegermutter sagte: „Wenn du dich von ihm scheiden lassen willst, musst du 150 Millionen zahlen, dann werden wir dich in deine Heimat zurückkehren lassen.“ Nachdem ich ein, zwei Monate da gewesen war, wurde ich schwanger. Als ich schon einen Monat und zehn Tage schwanger war, wusste ich es sogar nicht einmal. Ich war immer krank. Ich fragte meine Schwägerin, weshalb ich ständig krank war. Daraufhin rief sie meine Schwiegermutter an, und meine Schwiegermutter brachte mich ins Krankenhaus zur Untersuchung – so kam heraus, dass ich schwanger war. Sie rief meinen Mann an, damit er ins Krankenhaus kam, und sie sagte ihm, er sollte die Papiere für eine Abtreibung unterschreiben. Ich war dagegen, und meine Schwiegermutter und mein Mann schlugen mich. Sie schlugen mich direkt im Krankenhaus. Während sie mich schlugen, sagte ich ihnen, dass ich keine Abtreibung machen würde, und „wenn du und deine Mutter nicht wollen, dass ich dieses Baby bekomme, dann lasst mich wenigstens schwanger nach Vietnam fliegen, weil es mein Kind ist…..Ich wäre nie in der Lage mein Kind auszusetzen.“ Meine Schwiegermutter schlug mich erneut. Mein Mann würgte mich. Ich habe so viel geweint. Meine Schwiegermutter sagte, wenn ich die Abtreibung nicht akzeptieren würde, verließe sie mich. Der Weg wäre so weit, dass ich nicht den Weg nach Hause kennen würde! Dann drohte mein Mann, mich da zu lassen, und so musste ich letztendlich die Abtreibung machen. Und dann kam ich nach Hause, am Mittag… Ich hatte eben meine Abtreibung um 14 Uhr gehabt. Um 18 Uhr zwang mich meine Schwiegermutter den Müll rauszubringen; zwei Ladungen Müll die Treppenstufen runterschleppen… oh mein Gott, ich hatte so starke Schmerzen in meinem Bauch, dass ich sterben wollte. Um Ihnen die Wahrheit zu sagen, seitdem ich hier bin, habe ich die Grausamkeit des Menschen erfahren müssen, die nicht in Worten zu fassen ist. Meine Schwiegermutter behandelte mich ohne Güte, und mein Mann ging die ganze Zeit aus. Später stritt ich mich immer mit meinem Mann. Mein Mann hört immer auf seine Mutter, in allem. Und mein Schwiegervater, er ist ein Perverser! Er ist pervers, deshalb ist es so schwer dort zu leben! Und meine Schwiegermutter wird immer eifersüchtig!

Tam: Also leben alle im selben Haushalt?

Chi Loan : Ja. Ich begann dann Frühstück zu verkaufen. Für eine Stunde verkaufen, bekommt man hier 100. In einem Monat verdient man 12.000, richtig? Aber die Familie meines Mannes nahm alles. Meine Schwiegermutter sagte, dass mein Mann die Hälfte bekomme und sie die andere Hälfte. Ich ging zur Arbeit, aber ich habe noch nicht mal einen Dollar erhalten. Ich fragte sie, warum ich kein Geld bekomme, obwohl ich dafür hart arbeite, und sie sagte: „Du gehst raus und arbeitest nur ein bisschen, und das nennst du harte Arbeit?“ Mein Gott, ich betrachte mich, ich komme hierher und fühle mich traurig und entmutigt. Später war ich in der Lage, mich von meinem Mann zu scheiden. Es war im Juli. Ich war für 7-8 Monate in Taiwan gewesen und konnte meiner Familie in Vietnam noch nicht einmal einen Cent geben. Ich hatte sogar kein Geld mehr übrig, um mir Frühstück zu kaufen. Meine Schwiegermutter gab mir noch nicht mal Geld, um Essen zu kaufen.

Tam: Was war der Grund, weshalb Sie sich dazu entschieden haben, Vietnam zu verlassen, um einen Taiwanesen zu heiraten?

Chi Loan: Wegen meiner Familie. Meine Familie war sehr arm, nicht so reich wie andere Familien. Ich wollte hier herkommen, um erstens zu heiraten, zweitens mit der Hoffnung, dass mein Mann mich lieben und mir erlauben würde, arbeiten zu gehen, um meine Familie in Vietnam finanziell zu unterstützen. Meine Mutter und mein Vater haben sehr viele Krankheiten, aber kein Geld, deshalb wollte ich hier herkommen. Das ist es. Eigentlich wollte ich nicht hier herkommen. Als er nach Vietnam kam, um mich zu heiraten,…..dachte ich…er würde mich lieben…Ich dachte, dass er mich sehr liebte. Dann kamen wir hier an, und er hat mich nicht geliebt; ich fragte ihn, warum er nach Vietnam gekommen wäre, um mich zu heiraten, warum er mich geliebt hätte, und nun liebte er mich überhaupt nicht. Darauf sagte er: „Ich habe dich angelogen, damit du hier herkommst.“ Das war es, was er gesagt hatte. Mein Mann, er ist nicht wie andere. Er ist behindert, er kann nicht laufen wie andere. So ist es, doch die Schwiegereltern haben trotzdem kein Mitleid mit mir.

Tam: Dürften wir fragen, als dieser Mann nach Vietnam kam, um Sie zu heiraten, hat er in irgendeiner Weise Ihnen angeboten, Sie und ihre Familie finanziell zu unterstützen?

Chi Loan: Meine Eltern haben nur 4 Millionen Dong für die Hochzeit erhalten.

Tam: 4 Millionen vietnamesische Dong?

Chi Loan: Richtig, 4 Millionen Dong, das ist sehr wenig.

Tam: Ja. Wie haben Sie ihn kennen gelernt?

Chi Loan: Man hat ihn mir vorgestellt. In Vietnam gibt es einen Ort, "nuoi dau" (=Vermittlungsagentur), wo... Und dann war da eine Person aus meinem Dorf, die wusste, wie sehr meine Familie kämpfte, und so riet sie mir vor, einen Taiwanesen zu heiraten. Ich sagte: „Mein Gott, ich weiß nicht, ich weiß noch nicht einmal, ob sie mich akzeptieren würden.“ Die Frau, die mich zu dem genannten Ort brachte, sagte: „Diese Taiwanesen, sie werden schon einverstanden sein.“ Und so brachte sie mich dorthin, um zu leben. Ich blieb dort 10 Tage, und so traf ich meinen Mann.

Tam: Es war also wie in einem Zeltlager?

Chi Loan: Ja, das war es. Wie in einem Zeltlager.

Tam: Wie viele Frauen waren in diesem Lager?

Chi Loan: Wir waren ungefähr 30... 32.

Tam: Und die Person, die am längsten blieb. Wie lange war das?

Chi Loan: Bleiben ohne „durchzukommen“? Ca. 2 Monate.

Tam: Und wie definieren Sie „durchzukommen“, um von einem Taiwanesen akzeptiert zu werden?

Chi Loan: Also, wenn sie von Taiwan rüberkommen, gehen sie ins Hotel, eine Person bringt die Auserwählte hin, und wenn sie die Frau nicht mögen, dann schicken sie sie nach Hause. Mag er dich, so bleibst du und ihr werdet heiraten. Von einem Tag auf den anderen findet eine Hochzeit statt.

Tam: Und in Ihrer Situation, waren Sie von einem Tag auf den anderen dann verheiratet?

Chi Loan: Ja.

Tam: Bezüglich des Lagers…weiß die Regierung davon?

Chi Loan: Die Regierung weiß alles über das Camp, aber weil….Es ist…Sie stecken zusammen unter einer Decke, des Geldes wegen. Sowie die Frau, die Frauen in das Lager bringt; sie gibt der Polizei Geld, so dass keiner von der Polizei verfolgt wird. Sie teilen sich alle das Geld – wen soll man dann verfolgen?

Tam: Ihre jetzige Situation in Taiwan, wie Sie sagten, haben Sie sich von ihm scheiden lassen. Wie ist Ihr Leben nun?

Chi Loan: Mein Leben ist jetzt sehr hart. Mein Gehalt beträgt hier 18.000 im Monat, davon gehen 5.000 an die Miete. Der Rest reicht gerade noch fürs Essen. Es reicht nicht aus, um etwas meiner Familie zu schicken.

Tam: Wann ungefähr werden Sie nach Vietnam zurückkehren?

Chi Loan: In einigen Monaten, wenn mein Visum abläuft, dann werde ich zurückkehren. Ich kann nicht überleben, weder hier noch dort. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Ich fühle mich so miserabel. Jetzt bin ich geschieden, und sie haben mir ein Flugticket nach Vietnam gekauft, das ist alles, sie haben mir kein Geld gegeben, nicht einmal Reisegeld. Ich hab so viel geweint. Ich hab nicht mal einen Dollar, ich kann doch nicht nur mit dem Flugticket zurück? Mein Hochzeitsschmuck und meine anderen Hochzeitsutensilien, meine Schwiegermutter und mein Ehemann werden sie mir nicht wiedergeben.

Tam: So wie Sie sagten, wenn Sie vorher wüssten, dass Ihre Situation so ausarten würde, würden Sie keinen Taiwanesen heiraten, und Sie würden nicht nach Taiwan fliegen.

Chi Loan: Ja, wenn ich wüsste, dass es mit der Scheidung enden würde, würde ich nie einen Fuß in Taiwan setzen. Ich bereue, dass ich hierher gekommen bin, ich werde es mein ganzes Leben bereuen!

Tam: Möchten Sie den jungen Frauen in Vietnam, die Taiwanesen heiraten möchten, etwas mitteilen?

Chi Loan: Ich weiß nicht. Ich würde ihnen raten: Geht nicht nach Taiwan. Es gibt hier nur Leid. Tag für Tag gibt es immer mehr Leid. Es ist nicht so, dass es von Tag zu Tag besser wird… glaubt ihnen nicht. Es gibt viele Menschen hier, und es gibt nicht mal eine Person, die glücklich ist. Jeder weint. Jeder kämpft. Keiner ist glücklich. Wie ihr seht, hab ich das schon durchgemacht. Macht es mir nicht nach! Es gibt immer nur größeres Leid. Du wirst nie glücklich sein. Hört nicht auf sie, auf ihre Anmut und Versprechungen. Wenn ihr einmal herkommt, gibt es nur noch Leiden. Das ist die Wahrheit.


Originaltext:
10.05.2004
http://lenduong.net/article.php3?id_article=8016