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Kopfschmerzen in Hanoi

Hole Aspirin für das kommunistische Hanoi-Regime, das wegen Menschenrechtsfragen Kopfschmerzen bekommt.
15. August 2007

Hole Aspirin für das kommunistische Hanoi-Regime, das wegen Menschenrechtsfragen Kopfschmerzen bekommt.
Der wochenlang angedauerte Protest in Ho-Chi-Minh-Stadt, der im Juli aufgelöst wurde, hat zwar die totalitäre Regierung nicht umstürzen können, wohl aber in Zeiten der Wirtschaftsentwicklung den Druck auf die kommunistische Partei, deren Stress durch moderne Technologien zusätzlich noch mehr intensiviert wurde, ausgeübt.

Grundstückstreit war Ursache für den 27 Tage andauernden Protest. Die Demonstranten versammelten sich vor dem Büro der Nationalversammlung in Ho-Chi-Minh-Stadt, um sich über ihre Missstände zu beschwerden. Während die einen für Entschädigung der vor Jahrzehnten beschlagnahmten Grundstücke klagen, beschwerden sich andere über korrupte Lokalbeamten, die ihr Ackerland beschlagnahmt hatten und in Zeiten der boomenden Wirtschaft als Industrieland weiter verkauften.

Viele Jahre hatten sich die Bauern an die Zentralregierung für die Hilfe im Kampf gegen Korruption in ihrer Heimat gewandt, doch der jüngste Protest war einfach ohne gleichen. Die gekränkten Vietnamesen hatten gedacht, das angeblich demokratische Parlament würde ihnen helfen. Das war für sie wohl ein schlimmer Irrtum. Denn obwohl es vor Kurzem „Wahlen“ in Vietnam gegeben hat, hat aber kein einziger Parlamentabgeordnete sich getraut, sich mit seinen „Wählern“, die fast einen Monat lang vor dem Parlament protestierten, zu treffen.
Demonstranten, die ganze Zeit überwiegend draußen beim ganz miserablen verregneten Wetter aushaaren mussten, haben eine Petition an die Behörden gestellt, die Toiletten in dem Gebäude benützen zu dürfen. Die Hanoi-Regierung beschloss letzten Endes, die klagenden Menschen zum Zurückkehren zu zwingen, und zwar mit Hilfe von Sicherheitskräften, Tränengas, Schlagstöcken und Verhaftungen. Die meisten Demonstranten wurden mit dem Bus nach Hause gebracht. Einige wurden später zuhause, z. B. Herr Ngo Luot, ein 71jähriger Demonstrantenführer, ohne Anklage verhaftet. Sein „Verbrechen“ wurde mit dem Schreiben von Transparenten und Benützung eines Megaphons begründet. Es ist nicht bekannt, dass irgendwelche Beschwerde seit dem gelöst wurde.

Trotz der Schlappe hat der Protest im Nachhinein eine wichtige Entwicklung für vietnamesische Menschenrechtsaktivisten in Vietnam markiert. Meistbeachtenswert war, dass der von Anfang an friedlich verlaufende Landprotest zum Schluss mit der Rede eines Demokratie- und Religionsführers, Hochehrwürdigen Thich Quang Do, Leiter der verbotenen Vereinigten Buddhistischen Kirche Vietnams, endete. Damit wurde die erste Annäherung zwischen dem ursprünglichen Landprotest mit der Menschenrechtsbewegung kennzeichnet. Es könnte sein, dass klagende Bauern jetzt beginnen, den Zusammenhang zwischen ihren Beschwerden mit den abstrakten Freiheits- und Demokratieprinzipien zu begreifen.

Die modernen Technologien haben diesmal auch ihre nützliche Seite gezeigt. Eine Protestierende erzählte einem pro-demokratischen Sender, sie habe übers Internet von dem Protest erfahren. Das ist auch die Erklärung dafür, weshalb an dem Protest anfänglich nur einige Hunderte wenige Wochen später in Spitzenzeiten mehr als 1000 Personen beteiligt waren. Protestanführer, die aus 19 der insgesamt 59 Provinzen von Vietnam haben sich Handy-Nummer ausgetauscht, um sich in Kontakt zu bleiben.

Die Demonstranten konnten mit Hilfe von Handys Nachrichten in Echtzeit verbreiten. Eine Frau schilderte einem Dissidentenradiosender über die Stimmung der Protestierenden und erzählte Gründe ihrer Teilnahme. Menschenrechtsaktivisten im Ausland bekamen fast stündlich Neuigkeiten von dem Geschehen. Beobachter der vietnamesischen Menschenrechtsbewegung sagen, das war einer der am besten berichteten Proteste in der jüngsten Geschichte des Landes.
Der Protest zeigt, dass das vietnamesische Volk ihren Unmut gegenüber dem Regime immer stärker und offener zeigen will. Die Menschen haben inzwischen gelernt, sich für den friedlichen Protest gegen es zu organisieren. Die kommunistische Regierung in Hanoi wird nicht deswegen morgen umgestürzt sein, aber sie hat sicherlich einen Grund sich sorgen zu machen.


Quelle: online.wsj.com